Städtebaulicher Kontext
Das heterogene Umfeld erhält mit dem eigenständigen repräsentativen Baukörper einen Sonderbau der Hochschule mit übergeordneter Bedeutung und Adresse. Das zweigeschossige Sockelgeschoß greift historische städtebauliche Raumkanten auf und bietet eine klare Fassung des kleinen Exerzierplatzes. Die Traufe des Klostergebäudes am Exerzierplatz wird im Sockel übernommen und setzt die südwestlich ansteigende Topografie mit den charakteristischen Stützmauern fort. Städtebaulich gliedert sich der Ideenteil selbstverständlich in den umlaufenden Sockel ein. Die dreigeschossige Krone über dem Sockel verschränkt sich unmerklich zum Bestandsensemble der höherliegenden Brauerei, so dass ein eigener ablesbarer Baukörper und angemessener Abstand zur Straße des kleinen Exerzierplatzes entsteht. Hier liegen auf der fast gesamten Längsseite des Neubaus die öffentlichen Eingänge zu den Hörsälen, Konferenz-, Seminar- und Büroräumen. Im Nordwesten wird ein Teil des Grundstückes freigehalten, um einen ebenerdigen Vorplatz mit Vorfahrt für Bühnenanlieferung und Künstlereingang zu schaffen. Im Südwesten befindet sich die Tiefgaragenzufahrt und der Anlieferungs- und Feuerwehrhof, über den auch die Wegerechte der Brauerei im Westen sicherstellt werden.
Ein multifunktionales Haus mit klarer Nutzungsteilung
Der Konzert- und Hörsaal ist das Herzstück des neuen Wissenschaftszentrums, um den sich die Nutzungen der Seminar- und Konferenzräume über zwei Geschosse legen. Der nördliche dem Bühnenraum zugeordnete Seminarbereich erhält einen Lichthof und umfasst die multifunktionalen Räume (Werkstattbühne) mit erhöhten schallschutztechnischen Anforderungen für die musikalischen Nutzungen. Ergänzt wird der Bereich mit den Verfügungsräumen der Veranstaltungsbegleitung und für Musiker. Hier liegt auch der ebenerdige Zugang für die Anlieferung der Bühne. Der südliche Bereich ist dem universitären Regelbetrieb vorbehalten. Beide Bereiche werden über das zweigeschossige Foyer und eine „Ring-Erschließung” um den Saal verknüpft. Die Foyerebenen sind neben dem Empfang- und Pausenfläche bei konzertanter Nutzung vor allem ein Ort der universitären Kommunikation und des informellen Austausches.
Im 2. Obergeschoss an der Schnittstelle zwischen den Seminar- und Verwaltungsgeschossen liegt die Cafeteria mit Blick auf die Innenstadt und die umgebende Landschaftstopografie. Der umlaufender Stadtbalkon und die Terrassenflächen erweitern und aktivieren die Cafeteria in den Außenraum. Die Cafeteria sollte öffentlich genutzt werden können, um dem universitären Wunsch, ein Tor in die Stadt zu schaffen, unterstreichen. Zwei Aufzüge binden die Cafeteria und die Verwaltungsgeschosse barrierefrei an. Die Verwaltung ist um einen eingeschriebenen Innenhof organisiert. Er dient als Belichtungs- und begrünter Pausenhof. Um ihn legen sich in unterschiedlichen Raumtiefen flexibel nutzbare Büroflächen. Die „Ring-Erschließung” erlaubt differenzierte Ein- und Ausblicke mit guter Orientierung und kurzen internen Wegen (Vernetzung der Abteilungen) sowie Aufenthaltsbereiche für informelle Kommunikation und des Austausches. Zentral eingeschrieben liegen die beiden Besprechungsräume mit Außenzugang in den Innenhof.
Der Saal erhält mit der Mischung aus fächer- und schuhkartonförmigem Innenraum eine dichte Atmosphäre, welche die Nutzung als Auditorium und als Konzertort nicht nur akustisch, sondern auch räumlich abbildet. Die geknickte Form der Seitenwände und Decke lässt den Saal mit ansteigendem Gestühl zu einer Einheit verschmelzen. Drei Ebenen mit unterschiedlichen Höhenstaffelungen der Bestuhlung (+15/+30/+45cm) garantieren gute Sichtverhältnisse und ein entsprechendes akustisches Raumvolumen. Die Ebenen sind durchgehend im Innern des Saales miteinander über ansteigende Treppen verbunden. Die segmentierten und leicht geknickten Seiten- und Deckenwände leiten sich aus der mobilen Trennwand des Bühnenraumes ab und unterstützen der Wandelbarkeit des Saales. In den „kiemenförmigen“ Schlitzen befinden sich bewegliche Vorhänge und lichttechnische Anlagen. Außerdem kann hier bei Bedarf akustisch unterstützende Technik untergebracht werden. Auf seitliche Ränge wurde bewusst verzichtet, da sie für eine Vorlesung nur eingeschränkt tauglich sind. Aus den Seminarbereichen wird der Saal über das untere Foyer (Erdgeschoßebenen) oder die mittlere Foyerebene erschlossen. Eine skulptural in das Foyer gestellte Treppe verbindet die beiden Ebenen. Ein oberes Foyer führt an der südlichen Stirnseite auf den Stadtbalkon mit Cafeteria.
Fassade und Innenräume
Im Stadtraum präsentiert sich das neue Wissenschaftszentrum in einem angenehmen zurückhaltenden Erscheinungsbild aus vorgefertigten vertikal aufstrebenden hellen Sichtbetonelementen. Die Elemente geben dem Neubau eine plastische Ausformulierung, welcher mit zurückgesetzten eloxierten Fensterelementen ein lebendiges Spiel erhält. Das Raster des Sockelgeschosses verjüngt sich in der den oberen Geschossen und lässt den Neubau maßstäblich in seiner Umgebung wirken. Mit der Aufnahme verschiedener Zitate der umgebenden Bauten wie Materialität, gegliederter Lochfassade, Stützmauerwerk und Sockelzone fügt sich das neue Gebäude angemessen ein. Aufgrund der Lage hat der Baukörper weder in näherer noch fernerer Zukunft Rückseiten. Die einheitliche und umlaufende Verwendung des Materials betont die plastische Erscheinung und Präsenz des Baukörpers in seinem heterogenen Umfeld. Präzise gesetzte Öffnungen der (überdachten) Zugänge akzentuieren die Gesamtplastik. Die Bebauung des Ideenteils kann sich unabhängig der Nutzung durch das variable und mehrschichtige Fassadenraster nahtlos einfügen.
Im Innern soll ein durchgängiges helles und langlebiges Material- und Farbkonzept umgesetzt werden. Die Erschließungs- und Gemeinschaftsflächen erhalten eine sorgfältig aufeinander abgestimmte Ausstattung mit Sichtbetonflächen, weiß lasierten (Holz)-Verkleidungen und durchgängigem Industriesichtestrich im Inneren, die sich mit den wesentlichen Raum- und Ausbauelementen wie Saal, Treppe und Türen in dunklerem Holz kontrastiert. Beton als Werkstoff, ist langlebig, altert würdevoll ohne großen Reinigungsaufwand und lässt eine große Varianz an Formgebung und Oberflächenbehandlung zu.
So entfaltet das Gebäude in seiner Innen- und Außenwirkung eine unaufgeregte, legere Eleganz mit heller Schale und dunklem Kern, um die wechselhafte Nutzung vom Universitätsgebäude zum Konzerthaus angemessen abzubilden.
Freiflächen
Die Bereiche der des Haupteinganges und des Künstlereinganges (Vorfahrt) erhalten ein oberflächenbehandeltes Kleinsteinpflaster und ergänzende Baumpflanzungen. Hier liegen einige oberirdische Stellplätze für Autos und Räder. Der Großteil der Stellplätze befindet sich in der Tiefgarage. Der Anlieferhof und die Rampenzufahrt der Feuerwehr soll in einem dunklen Asphalt ausgeführt werden, der sich von der hellen Sichtbetonfassade absetzt.
Projekt: |
Internationales Wissenschaftszentrum, Universität Passau |
Standort: |
Passau (D) |
Ausloberin: |
Freistaat Bayern - Staatliche Bauamt Passau |
Team: |
Akustik-Ingenieurbüro Moll GmbH Frank Kiessling landschaftsarchitekten
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Wettbewerb: |
2. Runde |
BILDER